Immer wieder begegnet man Menschen, denen eine besondere Art von Lebenseinsicht widerfahren ist; bzw sich auf dem Weg dorthin fühlen und so auch ihre Umwelt dran teilhaben lassen, und verkünden, wie "reichhaltig", wie "bunt" das Leben sei, und daß man "nehmen", ja "geniessen" muß was "in einem steckt", und dabei ständig "bereichernde Erfahrung" machend..
Wenn es aber nun darum geht, mal konkrete Anwendungsbeispiele zu nennen, die sich derlei Selbstfindungsgedöns ergeben, dann kommen Alltagsbeochbachtungen, Selbstreflexionen, Trivialweisheiten und Empfindungsprosa dabei raus - die genauso dröge, langweilig, unerfüllt und humorlos wie mit ohne Selbsterkenntnissen.
 

(1/233) Heute: Mimi

"Bibi schob jenes Glas von links nach rechts.
'Ja. Ja, diese Position, sie ist, ist frisch und, und unverbraucht'.
Der Ansatz über "Fühlen" ist jedenfalls richtig: Nicht grübeln, sondern einfach zugucken, was da eigentlich läuft oder eben nicht läuft, spüren, wie sich das anfühlt. Wie gerne würde ich einfach gerne ein paar Klödden rasieren, einfach so...'"

Nächste Folge: Bubbelchen...

 

(2/223) Heute: Bibi

"Seit gestern Montag. Die Bäume fallen von den Blättern und die Flecken an der Wand, sie stieren mich an, so wie ich mich selbst, und eine kalte Pizza hach so abgekühlt, kühl wie die kalte Schulter des Gatten. Eklig. Gehen. Ich laufe über den Teppich. Er ist auf dem Boden. Ich werde die Topfplanzen neu arrangieren. Das gibt mir Kraft, zu mir selbst zu finden. Blumenerde, ich komme!"

Morgen: Taste Space

 

(3/223) Heute: Roswitha

"Ich stelle mir das Leben... wie eine scheue und zugleich wilde Kreissäge vor.... ruhig und dann wieder bewegt andereseits.... verletzend, wenn ich sie mit meinen vielen Fingern ertasten und verstehen möchte....
Oder ich stelle mir das Leben wie einen scheuen und wilden Teppichklopfer vor...nein, doch nicht [...]
Ich stelle mir das Leben und das alles wie eine wilder Scheuerpulverbehälter vor, ruhend, gerührt oder geschüttelt werdend, und .."

Demnächst: Dr. Tim Taler Tabliban. Oder Norbert.

 

(4/233) Heute: Hubert, Fotograf

"'Komm, lass uns Versteck spielen....'

Er stand vor dem Baugerüst der großen Halle draußen auf der grüne Wiese.
Die Stahlträger errinnerten ihn an Giselle.
Oder Fleur.

Oder soll er sie hochkant oder quer fotografieren?
Das ist erstmal die Formulierung der Voraussetzungen und Axiome, die der Fotograf für so wichtig hält, daß ohne diese für alle gültige Basis keine weitere Reflexion möglich ist ach doch alles Bullshit....

Er schwieg so lange und intensiv,
auf daß er meinte,
durch einen Schutzwall verstoßener und verdorbener Muffins abgeschirmt zu sein."

In der nächste Folge: F. Olga

 

(5/233) Heute: Bidlungbürger Ingo

"Da höre ich wochenlang die Spätromatiker Bax, und Creston und, ja, auch Samuel Barbers mehr quietsch- als todtrauriges 'Adagio for Strings'und sapperlot, auch nach drittenmal Angucken 'Die fabelhafte der Welt der Amelie' komme ich nicht drauf, daß im Mittelteil grad eben jenes gespielt wird. Verwechsle es gar mit Mahlers 10ten..."

Demächst: Impressionen eines liegengelassenen Fresspakets.

 

(6/233) Aus dem Phrasenbaukasten: Einleitungssätze,

die - wenn nicht schon Hoffnung auf Originelles, so doch - Mut auf mehr machen. Und in ihrer prätensiösen Lebens-Einsichtsmitteilungs-Tonfall gnadenlos bis zum Schluß 2-3 Bildschirmseiten weiter durchhalten:

  • "Ich bin eher ein Mensch, der..."
  • "Bei Analysen meiner sozialen Rolle in der Gesellschaft bin ich die letzen Tage zu folgender Erkenntniss gekommen:..."
  • "Ich laufe ziellos durch die Straßen und denke..."
  • "Bin so heiter."
  • "Im Bhuddismus..."
  • "Im Yoga-Kurs lernte ich..."
  • "Mein Partner und ich..."
  • "Nun, warum schreibe ich überhaupt folgende Worte für euch auf?.."
  • "Man muß da differenzieren...[Standpunkt1]...auf der anderen Seite [Standpunkt2, der grad garnix mit Standpunkt1 zu tun haben muß, aber man hat einen 'weiteren Aspekt berücksichtigt']..."